Depressionen

Depressionen

"Die Depression ist gleich einer Dame in Schwarz.

Tritt sie auf, so weise sie nicht ab,

sondern bitte sie als Gast zu Tisch und höre, was sie zu sagen hat."


Zitat von C.G. JUNG


Beschreibung:


Bei einer Depression leiden die Betroffenen unter anhaltender deutlich gedrückter, pessimistischer Stimmung und/oder verlieren das Interesse für die meisten Tätigkeiten.

Jeder Mensch empfindet neben Freude auch Traurigkeit. Stimmungsschwankungen, die in der Umgangssprache ebenfalls als Depressionen bezeichnet werden, gehören zum Leben.

Die Depression im Sinne einer Krankheit ist jedoch nicht nur durch die besondere Schwere und Dauer von Trauer und Niedergeschlagenheit gekennzeichnet, sie verändert auch den Betroffenen und kann oft nicht alleine und ohne Hilfe bewältigt werden.

 

Der Zustand der depressiven Verstimmung wird von jedem Betroffenen anders erlebt und beschrieben. Die einen fühlen sich niedergeschlagen, hoffnungslos und verzweifelt, andere betonen, dass sie nicht zu echten Gefühlsregungen wie Freude und Trauer fähig sind. (Gefühl der Gefühllosigkeit)

Sie fühlen sich leer und innerlich wie ausgebrannt und abgestorben. Die Betroffenen können auch sich selbst nicht mehr positiv wahrnehmen und fühlen sich wertlos, überflüssig und schuldig.

Sie hoffen schon lange nicht mehr auf Besserung oder auf eine lebenswerte Zukunft. Einige Betroffenen erscheint der letzte Ausweg der Selbstmord zu sein, um die Angehörigen von ihm zu erlösen.

 

MELNICK und NEVIS (zit. AMDENDT-LYON, N. 1999) "orten die neurotische Depression in der Phase "Mobilisierung der Energie". Sie meinen, dass jemand im depressiven Zustand sich sehr schwertut, die für eine befriedigende Handlung nötige Energie aufzubringen. Die Ressourcen sind blockiert, die Person zeigt sich von vornherein resigniert und die gesunde Aggressivität fehlt."

 

Manche Betroffene nehmen den Zustand der depressiven Verstimmung jedoch gar nicht wahr, sondern nur körperliche Beschwerden, die für sie im Vordergrund stehen. Diese Beschwerden können eine Depression verstecken. (Lavierte Depression)

 

Chancen / Behandlung:

 

Bei leichten Depressionen genügt meist eine ambulante Psychotherapie. Hier gibt es verschiedene Arten, wie z.B. Gesprächstherapie, kognitive Verhaltenstherapie, Gestalttherapie, tiefenpsychologisch fundierte Therapie und insbesondere die interpersonelle Therapie - eine speziell für Depression entwickelte Psychotherapie. Hier wird vor allem die Rolle des Patienten in seinem sozialen Umfeld (z.B. Freunde, Familie, Arbeitskollegen) beleuchtet. Ob zusätzlich antidepressiv wirkende Medikamente eingesetzt werden, muss man individuell entscheiden. Bei mittelschweren Fällen kommen Antidepressiva und/oder eine Psychotherapie zum Einsatz. Die Behandlung kann ambulant durch den Hausarzt, am besten in Rücksprache mit einem Facharzt (Nervenarzt, Psychiater) durchgeführt werden. Bei schweren Fällen einer Depression ist manchmal eine stationäre Behandlung unumgänglich. Das gilt vor allem, wenn der Patient suizidgefährdet ist. Die Behandlung besteht normalerweise aus Medikamenten, die mit psychotherapeutischen Maßnahmen kombiniert werden. Teil eines jeden Behandlungskonzepts im Krankenhaus ist es, dem Patienten eine klare Tagesstruktur zu vermitteln. Die festen Termine zu Gruppengesprächen, Ergo- und Bewegungstherapie helfen, das graue Einerlei des Alltags zu durchbrechen. Außerdem weiß man inzwischen, dass regelmäßige körperliche Bewegung stimmungsaufhellend wirkt.

 

Symptome:

 

Schlafstörungen, Lustlosigkeit, Gefühl der Gefühllosigkeit, Appetitlosigkeit, innere Unruhe, Hoffnungslosigkeit, Gefühl der Traurigkeit, Erschöpftheit, vermindertes Selbstwertgefühl, Interessenverlust, Energielosigkeit, gehemmtes Denken und Handeln, Konzentrationsstörung, Müdigkeit, übertriebene Schuldgefühle, verringertes sexuelles Interesse.

 

Ursachen:

 

Die genauen Ursachen einer Depression sind noch weitgehend unbekannt; es gibt jedoch verschiedene Theorien und Ansätze, die versuchen, die Entstehung der Depression zu erklären:

 

- Biologische Faktoren:

 

Gesicherte Ergebnisse sind, dass bei einer Depression die Konzentration bestimmter biochemischer Stoffe im Gehirn, welche die Nervensignale weiterleiten (die sog. Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin), verringert ist und die Empfindlichkeit und Dichte von Nervenzellen-Rezeptoren verändert sind.

 

- Psychologische Faktoren:

 

Konzept der gelernten Hilflosigkeit (von Seligmann entwickelt 1975)

 

(HAUTZINGER et al 1989) Depressivität wird a) als Imitation der hilflosen und depressiven Mutter und b) als Ergebnis aufgrund mangelnden Vorhandenseins positiver Verstärker in der Selbständigkeitsentwicklung des Kindes begriffen.

 

Es gibt mittlerweile in der therapeutischen Praxis viele Hinweise dafür, dass der frühe Verlust eines Elternteils so traumatisch erlebt wird, dass hierdurch ein Nährboden für eine depressive Reaktion bei Erwachsenen bzw. Heranwachsenden entsteht. Dieser Verlust muss allerdings nicht immer identisch sein mit dem Tod oder Weggang durch Scheidung oder Krankheit eines Elternteils, sondern kann ebenso darin bestehen, dass das Kind nur den emotionalen Rückzug empfindet (z. B. bei der Geburt eines weiteren Kindes oder der emotionale Rückzug der Mutter bei eigenen Depressionen. Nach FREUD identifiziert sich das Ich dann so stark mit dem verlorenen Objekt, dass sich die eigentlich gegen das Objekt gerichtete Wut nun gegen den mit dem Objekt verschmolzenen Teil des Ichs richtet und dort seine anklagende und zerstörerische Wirkung entfaltet. Allerdings wird so verhindert, dass der Verlust auch als solcher erlebt und betrauert wird. Die Sichtweise Freuds würde ebenfalls erklären, warum depressive Menschen in der Regel keinen Zorn gegenüber anderen äußern, sondern in Selbstanklage verharren.

 

- Soziale / Umfeld Faktoren:

 

  • Verlust z.B. nach Tod, Trennung oder verlassen werden eines Partners
  • Plötzliche Lebensveränderung z.B. Ortswechsel, finanzielle Einbußen, Krankheit
  • Lebensunsicherheit, Arbeitsplatzgefährdung
  • Zu starke Anpassung an die Gesellschaft, an den Partner
  • Konflikte in der Partnerschaft, Liebesentzug, Konkurrenzkämpfe, Machtkämpfe, Kränkungen
  • Vermeidungsverhalten, Aggressionsvermeidung, Konfliktvermeidung, Passivität
  • Bewertungssystem, wie bewerte ich den anderen, wie werde ich bewertete, verurteilt

 

Nachwort:

 

Eine leichte depressive Reaktion kann unter bestimmten Voraussetzungen auch als "produktiv und gesund" angesehen werden. Es ist nur zu natürlich, dass der Mensch auf bestimmte Situationen mit Niedergeschlagenheit reagiert und sich für eine bestimmte Zeit zurückzieht. Dieser Rückzug ist möglicherweise von depressiven Symptomen (wie oben genannt) begleitet. Leiden wir jetzt bereits an einer Depression? Reagieren wir hier gerade nicht mit Abwehr und Betäubungsmaßnahme (z.B. Alkohol, Tabletten) so spricht man auch von einer "produktiven Depression" (lt. dem Modell von Emmy Gut). Nach einer solchen depressiven Reaktion kann ein Mensch durchaus gereift und erfahrener sein. Vielleicht hat er seine Lebenspläne geändert, kann sich besser organisieren, hat möglicherweise alte Verhaltensweisen durch neue ersetzt und kann seine Ziele deutlicher sehen und verfolgen. Von dieser Seite aus betrachtet kann eine solche depressive Reaktion in der Tat gesund sein. Eine gesunde Depression zeigt realistische Gefühle des Schmerzes, der Trauer und Enttäuschung (manchmal begleitet von Schuldgefühlen, Ärger und/oder Angst), die durch negative Erfahrungen entstehen, wie z.B. Traumata, Verluste, Diskriminierung, ungerechte Behandlung in der Gegenwart und auch Vergangenheit. Wer eine gesunde Depression erlebt, kann noch "funktionieren", auch wenn ihm das nicht so gut gelingt, wie zu anderen Zeiten.

Viktor Frankl hat es folgendermaßen ausgedrückt:

"Gesunde" oder "produktive" Depressionen sind ein Produkt einer zunächst unerklärlichen Situation oder auch des "Leidens am sinnlosen Leben" und damit "Ausdruck geistiger Müdigkeit". Die "produktiven" und "gesunden" Aspekte der depressiven Reaktion können jene Menschen erfahren, die ganz normal an diesem Leben leiden und zwangsläufig an innere und äußere Grenzen stoßen. Das heißt also: all jene, die nicht an der Krankheit Depression leiden, sondern vor der Aufgabe stehen, angesichts all der "tragischen Aspekte menschlicher Existenz" einen Sinn im Leben zu finden und für sich einen "tragischen Optimismus" zu entwickeln.






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